Woche 7 – Zwischen den Grenzen
Türkei – Georgien – Armenien
Am Morgen des Beginns der siebenten Woche wurden wir erneut von der türkischen Gastfreundschaft überrascht. Wir standen nahe der georgischen Grenze an einem Restaurant, indem wir auch sämtliche Einrichtungen nutzen konnten. Bei der Wartung eines Scheibenwischers wurden wir, nachdem uns Tee gebracht wurde, gefragt, ob wir nicht noch eine Nacht bleiben wollen und zwar in einem Hotelzimmer und das für umsonst. Leider mussten wir absagen, da wir am Abend in Tbilissi sein wollten. Der Grenzübergang nach Georgien verlief unspektakulär. Die Fahrt in die Hauptstadt war allerdings von vielen LKWs, Schnee und der unglaublich chaotischen Fahrweise der Georgier geprägt. Wenn ein Auto ziemlich dicht auffährt, dann heißt das dort, dass man möglichst weit rechts fahren soll und der Gegenverkehr möglichst weit nach links, sodass eine dritte Spur geöffnet wird. Das ist sehr gewöhnungsbedürftig für den ordnungsverwöhnten deutschen Fahrer.
In der georgischen Hauptstadt Tbilissi leben circa 25 % der Gesamtbevölkerung, wobei Georgien so viele Einwohner wie Berlin hat. Die Stadt ist sehr schön und modern, das Land, was wir auf unserer Reise durchkreuzt haben, wirkt eher ärmlich und von der russischen Vergangenheit gezeichnet. Auch in Tbilissi waren wir Teil einer Stadtführung. Zu einem späteren Zeitpunkt haben wir Tbilissi selbstständig erkundet und waren im Museum der Illusionen und auf dem Berg der über der Stadt thront.
Die Georgier identifizieren sich sehr mit ihrem Wein und mit der kulinarischen Spezialität Khinkalli und Khachapuri; typische Teigtaschen und ein mit Ei gefülltes Käsebrot. Auf den Straßen herrschte bekannter Weihnachtstrubel. Die Hauptverkehrsachsen waren prunkvoll geschmückt und es gab kleinere Weihnachtsmarkt-ähnliche Ansiedlungen von Läden. Heilig Abend haben wir zu dritt verbracht und am ersten Weihnachtsfeiertag sind wir zu anderen Overlandern (Überland- Reisenden) nahe der Hauptstadt gefahren, die uns eingeladen haben.
Dementsprechend war der erste Weihnachtsfeiertag sehr divers, da wir 12 Personen aus 10 verschiedenen Ländern waren. Hier durften wir auch die georgische Art und Weise kennenlernen, wie selbstgemachter Wein konsumiert wird. Jener wird in kleine Gläser (ca. 8 cl) gefüllt und nachdem ein Toast ausgesprochen wurde, wird das Glas komplett entleert. Zudem kommt dann noch gelegentlich der Traubenbrand Chacha hinzu. Der Wein wird durch diese Weise auch nicht in 1 L Flaschen abgefüllt, sondern in 5 L Behältern. Das war ein ganz anderes Weihnachten, bei dem es neben Lamm, Truthuhn und Huhn auch Datteln im Speckmantel gab. Als Dankeschön haben wir eine Tüte mit der Süßigkeit Churchkhela bekommen. Dieses Nahrungsmittel wird auch als georgischer Snickers bezeichnet und ist ein kerzenähnliches Gebilde von aufgefädelten Wallnüssen die von einem Teig aus Traubensaft und Mehl umgeben sind, wenig süß, aber sehr energiehaltig.
Nach den Feiertagen waren wir nun wieder zu zweit unterwegs und wir begaben uns auf den Weg zur armenischen Grenze. Bei einem der drei Grenzübergängen angekommen wurden wir von einem Grenzsoldaten empfangen, der meinte, dass es ein Problem sei, hier die Grenze als Tourist zu passieren, da diese durch die Pandemie nur für kommerziellen Verkehr offen ist. Natürlich stand das nicht auf der offiziellen Website und es wurde auch nicht auf Schildern darauf hingewiesen. Nun mussten wir 3 h zur nächsten Grenze fahren, wo uns das nächste Problem begegnete. Nachdem ich die georgische Seite mit dem Auto verlassen habe, wurde mein Kompanion darauf hingewiesen, dass er trotz deutscher Aufenthaltsgenehmigung ein Visa braucht. Offiziell steht allerdings auf der armenischen Webseite, dass es für Halter eines deutschen Aufenthaltstitel nicht notwendig ist. So wurden wir an der Grenze getrennt, da ich nicht wieder nach Georgien einreisen durfte, da egal ob geimpft oder nicht, ein Negativ-PCR-Test vorgewiesen werden muss. Zu dem Zeitpunkt standen wir zwischen den Grenzen mit einem Grenzbeamten und trotzdem musste ein Test vorgewiesen werden…
Dementsprechend musste ich in Armenien das Auto einführen und verzollen und offiziell einreisen. Nach dem einstündigen Einreiseprozess, dem besorgen einer SIM-Karte und dem Erwerb einer Autoversicherung konnte ich rausfinden, dass das frühste Testergebnis am nächsten Morgen zur Verfügung stehen wird. Mein nepalesischer Freund konnte durch die Hilfe eines Polizisten herausfinden, dass er für das Visa in Präsenz in der Botschaft sein muss. Somit wurde klar, dass wir nun getrennte Wege gehen müssen. Nachdem wir beide Internet hatten, um zu kommunizieren, beschlossen wir, dass mein Kompanion versucht, in ein Hotel zu kommen und ich allein nach Jerewan reise, um anschließend wieder nach Georgien einzureisen und zum Hotel zu kommen. Gesagt, getan, mit nichts als dem Reisepass, dem Mobiltelefon und der Brieftasche fand mein Kompanion ein Hotel und ich begab mich dann nachts auf dem Weg in die armenische Hauptstadt, mit dem Gedanken, dass der PCR Test max. 48 h alt sein darf, um wieder nach Georgien einzureisen.
Auf dem 4 ständigen Weg über teilweise sehr bescheidene Straßen und der Überquerung des Lesser Kaukasus Gebirge wurde der Motor trotz -15 Grad Außentemperatur ziemlich heiß, die Öl- als auch Wassertemperatur stiegen schlagartig an und ich musste einen Notstopp einlegen. Am nächsten Morgen wollte ich dem Problem auf den Grund gehen, dabei wurde mir klar, dass ich neben einem Militärfahrzeug und Container geschlafen habe, was ich bei der Ankunft nicht überblickt habe. Soldaten luden mich bei immer noch knackigen -10 Grad zu ihnen in den Container auf einen Tee ein. Trotz Kommunikationsschwierigkeiten versuchte ich das Problem zu erklären. Ein Soldat war Mechaniker und konnte mir allerdings auch nicht helfen, von außen war nichts Auffälliges am Kühlsystem zu sehen. Ohne Kaltstartbeschleuniger (beim Benziner Choke genannt, dieser war angefroren), fuhr ich weiter Richtung Jerewan. Nach kurzer Zeit trat das Problem erneut auf. Ich entlüftete das Kühlwassersystem und dann schien es wieder zu gehen. Später stellte sich heraus, dass wahrscheinlich die Kühlflüssigkeit im Kühler bei der nächtlichen Bergabfahrt gefroren ist und daher keine Zirkulation stattfinden konnte. Eigentlich sollte die Flüssigkeit bis -30 Grad ausgelegt sein, war sie anscheinend nicht.
Der Grund, warum ich nach Jerewan gefahren bin, ist, dass ich mich besser gegen die sich schnell ausbreitende Omikron-Variante schützen wollte, was auch reibungslos gelang. Anschließend konnte ich auf dem Rückweg nach Georgien meinen PCR-Test ausdrucken. Dazu hab ich in einer Bank jemanden gefunden, der Englisch spricht und ihn gebeten, beim Testzentrum anzurufen und mir das Ergebnis per Mail zuzusenden, was normalerweise nicht möglich ist. Freundlicherweise wurde mir das Ergebnis auch in der Bank ausgedruckt.
Ungefähr 100 km vor der Grenze ist mir dann leider noch der Schalthebel gebrochen. Das eigentlich massive Metallrohr ist an der Stelle gebrochen, wo die Feder, die für das Einlegen des Rückwärtsgangs verantwortlich ist, arretiert wurde. Durch eine zu kraftvollangezogene Schraube sind mehrere Kerben im Rohr zu sehen, die dann wie eine Sollbruchstelle gewirkt haben. Mittels der Heringe, der Markise und duct tape hab ich den Hebel provisorisch wieder befestigt und konnte so ins Hotel fahren. Der Grenzübergang verlief vorfallslos und nach gut 34 h Trennung sah ich meinen Reisebegleiter wieder. Von der Impfung und den Vorfällen in Armenien geprägt, war ich froh in einem Hotel anzukommen.
Am letzten Tag der siebten Woche baute ich den Schalthebel aus und ließ ihn bei einer Kfz-Werkstatt neben dem Hotel schweißen. Dann wartete ich noch die Bremsen des Autos, da jene gelegentlich quietschten und ich füllte reichlich Frostschutzmittel ins Kühlsystem.
Wir werden uns nun wieder auf dem Weg zurück in die Türkei machen, um von dort zu probieren in den Iran zu reisen.
3 Kommentare
Sarah · Januar 3, 2022 um 2:59 pm
Spannender Text, man fühlt richtig die Strapazen, die ihr durchgemacht habt… Hoffentlich wird es jetzt ruhiger… Sarah & Flo
Olaf · Januar 6, 2022 um 12:41 pm
Auf jeden Fall spannend…erinnert fast ein bisschen an „bald and bankrupt“ 🙂 Alles Gute und Gruß, Olaf
Andreas Anklam · Januar 8, 2022 um 11:39 am
Hallo,
wir verfolgen deinen Weg aufmerksam, sehr spannend, und auch schön, das Du immer auf sehr hilfsbereite Menschen triffst.
Viel Glück für Euch auf der weiteren Tour.
Grüsse aus Wiesenburg